Autor: Gast

Neue Umsatzsteuerregeln der EU
Was der Handel wissen muss

E-Commerce | Europa | Recht & Soziales
2022 wurde das EU-Umsatzsteuerrecht der Europäischen Union an das digitale Zeitalter angepasst. Was bedeuten die neuen gesetzlichen Regeln für Händlerinnen und Händler, die von Deutschland aus in andere EU-Länder verkaufen wollen?
Infos zum Thema auf einen Blick:
  • Einheitlicher EU-Schwellenwert für den Fernabsatz liegt nun bei 10.000 Euro
  • One-Stop-Shop für die Steuererklärung befreit von der Verpflichtung, sich in mehreren Ländern registrieren zu müssen
  • Ausnahmen der neuen Regelung u.a. beim Vetrieb von Gebraucht- und Kunstgegenständen

Einheitlicher Wert für den Fernabsatz

Mit der Reform des EU-Umsatzsteuerrechts gibt es nun einen einheitlichen Schwellenwert: Er beträgt für die Summe aus allen im EU-Ausland erzielten Nettoumsätzen 10.000 Euro. Auch Versand- und Verpackungskosten werden dazu gezählt. Sobald der Schwellenwert überschritten wird, muss die Umsatzsteuer in den Ländern der Käufer:innen berechnet werden.

EU-Schwellenwert: 10.000 Euro

Wichtig: Die neue Regelung zieht zur Beurteilung der Lieferschwelle sowohl das Kalendervorjahr als auch das laufende Kalenderjahr heran. Das heißt: Handelsunternehmen, die 2020 einen Umsatz von mehr als 10.000 Euro durch Fernverkäufe erzielt haben, sind 2021 in jedem Fall von der Reform betroffen. Unternehmen, die den Schwellenwert nicht erreichen, versteuern im Ursprungsland und berechnen für alle belieferten EU-Länder den nationalen Umsatzsteuersatz.

One-Stop-Shop für die Steuererklärung

Eine weitere Neuerung der Umsatzsteuerreform ist die Einführung des “One-Stop-Shop” (OSS) für die einheitliche Steuererklärung. Damit müssen Handelsunternehmen sich nicht mehr – wie vor der Reform – in mehreren Ländern registrieren. Eine Verpflichtung, den OSS zu nutzen, gibt es nicht, die Registrierung ist freiwillig.

Die einheitliche Steuererklärung ist freiwillig

In Deutschland erfolgt die Anmeldung über das BOP, dem Bundeszentrale-für-Steuern-Online-Portal. Mit der OSS-Erklärung reichen Unternehmen quartalsweise eine einzige Umsatzsteuererklärung ein, die auch für die EU-Länder gilt, in die sie liefern. Egal, in wie vielen EU-Staaten sie Kundschaft haben – die Umsatzsteuer wird immer zentral über den OSS beglichen, die Bundeszentrale für Steuern übernimmt die Zahlungen an die einzelnen Länder.

Weniger Bürokratie soll den Handel erleichtern

Die EU-Umsatzsteuerreform hat den Vorteil, dass Unternehmen nun davon befreit sind, sich in verschiedenen Ländern umsatzsteuerlich registrieren zu müssen. Damit entfallen auch die Kosten ausländischer Steuerberater:innen, die in der Regel die Erklärungen für die Finanzbehörden erstellten. Ein weiterer Vorteil: Statt einmal im Monat genügt nun eine Anmeldung und Zahlung der Umsatzsteuer pro Quartal.

Ausnahmen der neuen Regelung

Für den Vertrieb einiger Produkte gelten die neuen Regelungen (insbesondere die Lieferschwelle) jedoch nicht, wie zum Beispiel bei Gebraucht- und Kunstgegenständen oder neuen und gebrauchten Fahrzeugen. Für diese gilt die Differenzbesteuerung.

Für Fahrzeuge und Fulfilment gelten andere Regelungen

Auch für Online-Handelsunternehmen, die beispielsweise Fulfillment-Strukturen nutzen und ihre Produkte in einem anderen EU-Land lagern, gelten andere Bestimmungen. Sie können ihre Steuern nicht über das neue Verfahren begleichen und sind weiterhin verpflichtet, in den Ländern eine Umsatzsteuererklärung einzureichen, in denen sie diese Strukturen haben. Wenn sie gleichzeitig Lieferungen aus Deutschland vornehmen und dafür die OSS-Erklärung nutzen wollen, müssen sie beide Verfahren anwenden.

Frist verpasst? Was jetzt noch möglich ist

Da die OSS-Erklärung nicht verpflichtend ist, können Unternehmen, die bereits grenzüberschreitenden B2C-Handel innerhalb der EU betreiben, auch weiterhin ihre Umsatzsteuer direkt in den betreffenden Ländern anmelden und abführen – müssen dabei jedoch den neuen Schwellenwert berücksichtigen. Händler, die diese Frist verpasst haben, können den OSS nun ab dem vierten Quartal diesen Jahres nutzen.

Über die Autorin

Linda Hoffmann ist Senior Business Development Manager bei Shopify, der führenden Multichannel-Commerce-Plattform, die von mehr als einer Million Händlern weltweit genutzt wird. Seit August 2019 ist sie für die Geschäftsentwicklung von Shopify in Deutschland zuständig. Während dieser Zeit war sie beispielsweise verantwortlich für die Shopify-Kooperationen mit eBay, idealo und Spreadshirt.

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